1944-2024 – Sant’Anna di Stazzema: verstummt im Unterricht

Am Mittwoch, den 4. Dezember 2024 in der 10./11. Stunde besuchten wir, mein Leistungs- und Basiskurs Italienisch in der Kursstufe 2 und ich, im Stadtpalais in Stuttgart die Ausstellung „ÜberLeben erzählen. Sant’Anna di Stazzema 1944/2024“. Sant’Anna di Stazzema ist ein kleines Dorf in der Toskana, wo die Truppen der Waffen-SS am 12. August 1944 ein Massaker verübten, bei dem etwa 560 Personen umgebracht wurden, darunter vor allem Kinder und auch Säuglinge, Frauen und ältere Menschen. Die Ermittlungen, die sowohl in Italien als auch in Deutschland durchgeführt wurden, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, waren von beschämenden Zufällen und unsäglichen Verzögerungen geprägt, bis die Staatsanwaltschaften Stuttgart und Hamburg (2012-2015) schließlich die Ermittlungen einstellten. In Italien wurden die damals noch lebenden Verantwortlichen verurteilt, aber sie wurden altersbedingt von Deutschland nicht ausgeliefert. Somit blieb das Massaker von Sant’Anna di Stazzema ungesühnt. 

Die Ausstellung war das Ergebnis eines Projekts der Universität Konstanz, bei dem 40 Studierende Materialien, wie Interviews, Fotos, Zeitungsartikel, Kunstwerke und Videoaufnahmen bei Überlebenden des Massakers sammelten und in Form einer interaktiven Ausstellung präsentierten.

Ungefähr 60 Minuten hielten wir uns im Saal Marie im Stadtpalais auf. Alle Schülerinnen und Schüler waren beschäftigt die verschiedenen Dokumente, v. a. Fotos und Videos anzuschauen, sprachlos und tief berührt gegenüber einem solchen Gewaltausbruch deutscher Soldaten gegen die Dorfbewohner, und dem noch spürbaren Leiden der erzählenden Greisen nachzuempfinden. Minutiös erzählten sie ihre Erlebnisse am Tag des Massakers und den Tagen danach. Schreckliche und furchtbare Kindheitserinnerungen voller Feuer, Flammen, Kugeln, Gewehre, Leiden, Tränen, Beklommenheit, Panik und Zerstörung, aber auch Gebete, Glauben und vielleicht ein kleiner Schimmer Hoffnung. Dank der Erzählungen der Zeugen dieses Massakers konnten die Schülerinnen und Schüler ganz tief empfinden, was in Sant’Anna di Stazzema vor 80 Jahren passiert ist. Nie wieder so etwas! Das ist die kleine Hoffnung, die durch das Mitfühlen bei den Erzählungen der Zeugen dieser entsetzlichen Gräueltaten entsteht.

Wir bedanken uns bei der Universität Konstanz, weil sie dieses Projekt unterstützt und durchgeführt hat. Wir hoffen, dass die Ausstellung an anderen Orten installiert wird, damit noch mehr Menschen, die Möglichkeit haben, die Ergebnisse dieser Arbeit zu „empfinden“. Für uns war es eine unglaublich gelungene Unterrichtsstunde, bei der niemand in der Lage war, etwas zu sagen.

Rig