Nachrichten-Details

Zeitzeuge gibt Einblicke in Verbrechen der Stasi

von Ronja Maier, 9c

Am 11.05. hatten Schüler, Eltern und Lehrer des Solitude-Gymnasiums die Chance, einen tieferen Einblick in die Zeit der DDR zu erhalten. Schulleiterin Schwahn hatte den Kontakt zum Zeitzeugen Dr. Karsten Dümmel hergestellt, den wir dann auf Einladung des Schulvereins bei uns am Solitude-Gymnasium begrüßen durften. Frau Schwahn, die vor 15 Jahren selbst schon einen solchen Zeitzeugenvortrag miterlebt hatte, eröffnete den Abend mit den Worten, dass dies auch für sie nochmals eine Zeitreise werden würde, und gab das Wort an den Referenten weiter.

„Am Ende des Abends werdet ihr viele Scherben haben, die ihr dann selbst zu einem Bild zusammensetzen müsst.“ Mit dieser einleitenden Metapher begann Dr. Dümmel seinen Vortrag und regte so viele zum Nachdenken an. Das Bild einer zerbrochenen Vase – was hat das denn mit der DDR zu tun, fragten sich sicherlich einige. Allerdings wurde im Laufe des Vortrags immer deutlicher, was gemeint war.

Schlaglichtartig rief Dr. Dümmel einige Fakten über den Sicherheitsapparat der DDR ins Gedächtnis. So erfuhren wir, dass das Bild, das die jüngeren Generationen mit dem harmlos klingenden Begriff „Mauer“ in Verbindung bringen könnten, nichts mit der Realität zu tun hatte und dass der Begriff in Wahrheit eine beschönigende Bezeichnung für eine der sichersten – und tödlichsten – Grenzanlagen ist, die es je gab. Dümmel machte auch darauf aufmerksam, dass es bei den Wahlen in den 40 Jahren DDR kein einziges Mal die Möglichkeit gab, frei abzustimmen oder gar nur die vorgeschlagenen Wahllisten abzulehnen – obwohl doch die DDR schon in ihrem Namen den Begriff der „Demokratie“ trug.

Persönlicher wurde es, als Dr. Dümmel von seinen eigenen Erfahrungen mit dem Sicherheitsapparat der DDR berichtete. Ins Visier der Stasi war er geraten, weil er mit einigen Gleichgesinnten den Arbeitskreis „Kunst und Kirche“ gegründet und später einige kirchliche Arbeitskreise zu den Themen Frieden und Menschenrechte geleitet hatte. Das machte ihn zur Zielscheibe der „Zersetzungsmaßnahmen“ der Stasi, die, wie er uns berichtete, im Ergebnis zu einem völligen Kontrollverlust über sein eigenes Leben führten. „Weggeekelt, weggelobt, bestraft“, so fasste er unter anderem die Bandbreite der Maßnahmen zusammen, die die Stasi anwendete.

In dem Vortrag wurden noch weitere Vorgänge angesprochen, die uns heute undenkbar scheinen, wie die rund 18 000 „Romeo und Julia“-Beziehungen, welche organisierte Zusammenführungen zweier Menschen waren, da die Stasi über einen der beiden nähere Informationen brauchte, oder die Tatsache, dass damals rund 90% der Urteile schon längst gefällt waren, noch bevor überhaupt die Ermittlungen angefangen hatten.

Abschließend wies Dr. Dümmel darauf hin, dass natürlich nicht alle 17 Millionen Bürger der DDR von Maßnahmen der Stasi wie Personenkontrolle und Überwachung betroffen waren: „Viele haben die rote Linie vermutet und teilweise auch gesehen.“ Die überwiegende Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger habe ihre Grenzen ganz intuitiv gekannt und gewusst, sie nicht zu überschreiten – auch deshalb, weil sie durch die totalitäre Naziherrschaft auf einen entsprechenden Gehorsam „konditioniert“ gewesen seien.

Eine anschließende Fragerunde gab dem Publikum die Möglichkeit, auf Details des Vortrags oder andere Aspekte einzugehen. Eins ist jedoch klar: Dr. Dümmel hat an diesem Abend vermutlich nicht einmal die Hälfte seines Wissens und seiner Erfahrungen mit uns geteilt. Besonders eindrücklich war dabei, dass Dr. Dümmel nicht als Historiker, sondern als Zeitzeuge von eigener Betroffenheit und eigenen Begegnungen berichten konnte. Dass er dabei immer auf unklare Begriffe einging oder seine Aussagen näher erläuterte, erleichterte uns Schülern das Verständnis.

Um die Metapher vom Beginn nochmals zu erwähnen, am Ende dieses Abends hatte man wahrlich viele einzelne Bruchstücke aus der DDR, sodass es am Ende vermutlich nahezu jedem gelungen sein muss, diese zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen.

Zum Abschluss möchten wir uns noch ganz herzlich bei Dr. Karsten Dümmel für diesen Abend bedanken. Auch dem Schulverein, der die Veranstaltung geplant und mit seiner Bewirtung begleitet hat, dem Technik-Team, das für einen reibungslosen Ablauf sorgte, und natürlich Frau Schwahn, durch deren Initiative ein solcher Zeitzeugen-Vortrag erst zustande gekommen ist, sagen wir ein herzliches Dankeschön.

Zurück

Nach oben